133 Jahre Geschichte

Was ist eigentlich eine Meierei?

Können Sie diese Frage beantworten? Wissen Ihre Kinder die Lösung? Wenn ja, ist das gut. Wenn nein, muss recherchiert werden. Dazu benutzen viele Menschen die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Gibt jemand dort den Begriff »Meierei« ein, landet er nicht beim Lexikon-Eintrag sondern auf einer Begriffserklärungsseite. Dort ist zu lesen, dass »Meierei« für ein »landwirtschaftliches Pachtgut« – man solle sich dann die Seite »Meierhof« ansehen – oder eine »Molkerei« steht. Dann gibt es noch eine ganze Reihe von geografischen Orten mit der gleichen Bezeichnung und unten auf der Seite auch noch den Eintrag »Alte Meierei«. Es ist also etwas komplizierter mit der Antwort auf die eingangs gestellte Frage.

 

Verpachteter Gutshof

Da wir uns hier im ländlich geprägten Schleswig-Holstein befinden, schauen wir uns zuerst den »Meierhof« an. Zu lesen ist, dass als Meierhof (Meierei, Meyerhof, von lateinisch maiores villae) ein Bauerngehöft oder -gebäude bezeichnet wird. Dort lebte der Verwalter (der Meier) einer Landwirtschaft, welche zu einer adligen oder geistlichen Grundherrschaft gehörte. Hmmm. Hört sich sehr alt an. 1888, als unsere Meierei gebaut wurde, gab es in Angeln nördlich der Schlei keine adligen oder geistlichen Herrscher mehr. Wurde auch Zeit. Zur damaligen Zeit gab es bereits freie Bauern ohne Leibeigenschaft und mit vergleichsweise geringer Belastung mit Diensten. Ein »Meierhof« konnte auf diese Weise zu einem verpachteten Gutshof werden, der Maier zum Pächter. Bei uns in Norddeutschland wird heute noch vielen solcher Hofstellen der Zusatz Meierhof, beziehungsweise Meyerhof vorangestellt. Und das war auch bei uns in Twedt der Fall.

1888 bis 1971

Im Frühling 1888 – Kaiser Wilhelm I war gerade gestorben – wurde unsere »Alte Meierei« von einem Mitglied der Meiereigenossenschaft der Loiter Au, das ist hier gleich um die Ecke, auf einem gut 2000 Quadratmeter großem Gelände erbaut. Die Loiter Au gilt als Grenzfluss von Brebel, Loit und Taarstedt zu Twedt.

Anfang des Jahres 1889, in Paris wurde gerade der Eiffelturm fertig, startete die Verarbeitung von Milch per Dampfkraft und Zentrifugenverfahren zu Sahne, Butter, Magermilch und Käse. Ein Jahr später wurde eine neue Dampfmaschine in Betrieb genommen.

Ab 1906 startete die Versorgung der Meierei mit Strom, der von einer Wassermühle erzeugt wurde. 1921 wurde ein neues Butterfass angeschafft. Zu dieser Zeit sah es in der Produktion so aus:

Vier Jahre später wurde die Stromversorgung durch die Wassermühle beendet und der Betrieb an eine Überlandzentrale (später Schleswag) angeschlossen. Sieben Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgten die Anschaffung eines Dampfkessels und einer Kältemaschine auch wurde eine Käserei angebaut.

Die Alte Meierei um das Jahr 1955

1962 wurde ein neuer Tiefbrunnen (90 m) erschlossen. 1970 schlossen sich die beiden Gemeinden Buschau und Grumby zusammen. Die daraus neu entstandene Gemeinde erhielt den Namen »Twedt«, den Namen einer Siedlung aus dem Jahre 1231, entnommen aus einem »Erdbuch«, einem Steuererfassungsbuch über die Besitzungen und Einkünfte des Königs Waldemar II. von Dänemark.

Die Alte Meierei im Jahr 1968.

1971 bis heute

1972 erfolgte die Auflösung der Meiereigenossenschaft Loiter Au, womit die 84-jährige Geschichte der Genossenschaft endete und die letzte produzierende Meierei in der Gemeinde geschlossen wurde. Das Gebäude wurde an einen Unternehmer aus Husum verkauft, der es als Außenlager für die Meierei »Lünebest« nutzten wollte, was aber nicht gelang.

1974 wurde die Alte Meierei an den Künstler Klaus Düwal verkauft und aus dem ehemaligen Gewerbebetrieb wurde eine »Kunstmeierei«, in der Ausstellungen organisiert und Theaterstücke aufgeführt wurden.

1978 kaufte der Künstler und Schreiner Josef Gerats das Gebäude und richtete sich eine Kunstwerkstatt und ein Café für Ausflugsgäste ein. Der neue Name lautete »Fabrik 147«.

Nach dem Tod des Besitzers 2007, ging das Gebäude in die Zwangsversteigerung und lag seitdem brach.

Am 3. September 2016 veröffentlichte Claus Kuhl einen längeren Beitrag in den Schleswiger Nachrichten. Er kann hier nachgelesen werden.

Anfang 2018 haben wir die Alte Meierei erworben und mit der Sanierung begonnen, die wir im Frühling 2021 abschließen konnten. Der Blick heute:

Die Alte Meierei im Frühjahr 2021